ein Essay
Das ¯\_(ツ)_/¯ ist Shruggie. Er ist ein Emoji (eine Kombination von Symbolen die Gefühle und Stimmungen ausdrücken) und symbolisiert ein Schulterzucken. Er steht für Gleichgültigkeit, Toleranz, Freude, Leichtigkeit. Er steht aber auch dafür, dass man sich einmal die Gegenseite ansehen sollte, für ein „was wenn“, ein „ich weiß es nicht“. Er steht möglicherweise auch für andere Dinge. Ich weiß es nicht. ¯\_(ツ)_/¯ Und wenn ich Shruggie mit seinem freudigen Ausdruck im Gesicht so ansehe, dann freue ich mich wie er, dass wir etwas nicht wissen. „ICH WEIß ES NICHT“, möchte ich am liebsten laut in die Welt rufen, mit einem Lächeln im Gesicht, so wie Shruggie. Das fühlt sich befreiend an. Gerade in einer komplexen Welt wie der unseren, in einer Gesellschaft wie der unseren: einer Leistungsgesellschaft, fühlt man sich mit Shruggie ein bisschen leichter. Und gerade das hat mir in der Schule immer gefehlt: mit einem Lächeln sagen zu können „ich weiß es nicht“ und damit davon zu kommen. Ohne einem „nicht genügend“ -Eintrag in meiner Schulakte. „Ich weiß es nicht und vielleicht weißt du es, aber auch nicht, vielleicht wissen wir es alle nicht, aber wir haben Ideen. Also lasst uns diese Ideen einmal miteinander vergleichen. Lassen wir sie in einem Wettstreit gegeneinander antreten und schauen wir wer gewinnt. Dann packen wir diese Idee und tolerieren die anderen, weil vielleicht kommen wir später doch drauf, dass eigentlich die zweitplatzierte Idee die bessere war. Und wir machen es gemeinsam. Denn einfache Lösungen gibt es nicht, die Welt ist hierfür zu komplex. Und damit wir nicht scheitern helfen wir mit unseren Fähigkeiten zusammen. Wir sind ambiguitätstolerant. Dass andere Lösungen auch zum Ziel führen können akzeptieren wir und halten wir aus, es ist ok nicht einer Meinung zu sein. Wir lassen uns gerne überzeugen.“ Doch so einfach ist das in der Schule nicht. Zumindest war es das „zu meiner Zeit“ nicht. Und was ich so aus den Medien mitbekomme, hat sich nicht vieles geändert.
Die Sache mit der Schule ist, dass sie glaubt zu wissen was Kinder für Ihre Zukunft brauchen. Das tut sie aber nicht. Sie weiß es nicht. Niemand tut das, weil niemand in die Zukunft sehen kann. ¯\_(ツ)_/¯
Der vermeintliche Masterplan der Schule ist alt und wird zwar immer wieder einmal angepasst und ergänzt, aber er geht nicht auf. Was der Schule fehlt ist Mut zur Kreativität, Mut zum Loslassen des Plans, Mut zum Zugegeben, dass man nicht wissen kann was die Zukunft da draußen bereithält und Mut zu Shruggie ¯\_(ツ)_/¯.
Mein Deutschlehrer hat einmal zu mir gesagt, dass ich bitte auf keinen Fall Deutsch studieren soll oder einen Schreibberuf wählen soll. Ich wäre inhaltsleer, unkreativ, keine gute Schreiberin. Ich habe Deutsch studiert und es gelassen, weil ich merkte, da werde ich wie er mich sah. Inhaltsleer, unkreativ, keine gute Schreiberin. Ich hasste all die Regeln: die starre Grammatik, die furchtbaren Vorgaben wie man welche Sorte Text zu schreiben hätte und welche Textsorte für welche Zwecke geeignet ist und welche Bücher „Weltliteratur“ sind und welche nicht; die standen meiner Kreativität im Weg. Also habe ich das Studium hingeschmissen, mir etwas anderes gesucht und meine Texte an ein Magazin verkauft. Das tu ich immer noch, und werde dafür bezahlt. Ich glaube, dass nennt man „Schreibberuf“. ¯\_(ツ)_/¯
Schule sollte Kreativität fördern. Albert Einstein hat einmal gesagt: „Kreativität ist die Intelligenz, die Spaß hat.“ Schule soll Spaß machen, immerhin dauert sie für die meisten mindestens neun Jahre! Sie soll Kinder lehren ihre Fähigkeiten zu erkennen und zu nutzen. Sie soll sie fördern, Ideen und kreative Lösungsansätze zu entwickeln. Innovativ zu sein. Vielleicht ist ja Innovation der Masterplan für die Zukunft? ¯\_(ツ)_/¯ Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass die Zukunft uns immer einen Schritt voraus sein wird und dass es in Zukunft nicht nur kluge Köpfe, sondern vor allem innovative, kreative Köpfe brauchen wird. Wenn wir eines aus der Vergangenheit gelernt haben, dann dass all die viel zitierten Genies nicht einfach nur mit Allgemeinwissen in die Geschichtsbücher eingegangen sind, sondern mit ihren kreativen, innovativen Ideen!
Schule soll Demokratie, Toleranz und eine neue Form der Zusammenarbeit fördern. Eine Demokratie sei „ein Wettstreit von Ideen“ hieß es im Podcast. „Kinder an die Macht“ heißt es in einem berühmten Lied von Grönemeyer. Er besingt dabei die Unbeschwertheit, das Beherrschen des Chaos und die Ideen von Kindern. Vielleicht sollte die Schule anfangen Kindern ein Mitbestimmungsrecht zu geben: auswählen zu dürfen was sie interessiert und was nicht. Nicht weil sie das für ihre Zukunft brauchen könnten, nicht weil sie das vielleicht einmal studieren, sondern einfach, weil ¯\_(ツ)_/¯ Sie muss tolerieren, dass ihr Masterplan nicht recht hat, sondern eventuell andere. Kurt Tucholsky definiert Toleranz als „der Verdacht, dass der andere Recht haben könnte“. In einem Wettstreit von Ideen, könnte es durchaus passieren, dass der andere einmal recht hat. ¯\_(ツ)_/¯ Vielleicht hatten ja zwei oder drei recht und wenn ich in der Schule die Kinder fördere zusammen zu arbeiten, wer weiß, vielleicht ist es das was die Zukunft braucht: eine neue Art der Zusammenarbeit?
Schule braucht mehr ¯\_(ツ)_/¯. Auf die Frage der Leistung, sollte die Lehrperson ¯\_(ツ)_/¯ antworten. Im Schulsystem bedeutet :1=sehr gute Leistung, 2=gute Leistung, 3=befriedigende Leistung, 4=genügend Leistung und 5=nicht genügend Leistung. Sehr gute Leistung für wen, durch was? ¯\_(ツ)_/¯ Nicht genügend wofür? ¯\_(ツ)_/¯ Für ein System? Für die Zukunft? Oder für die Qualität der Lehre? ¯\_(ツ)_/¯ ¯\_(ツ)_/¯ ¯\_(ツ)_/¯
Wer hat schon das Recht einem Kind zu sagen: „Deine Leistung genügt nicht!“ Genügt nicht für den Standard, den die Schule erfüllen muss? Genügt nicht für die dadurch erzielte Rückmeldung der Qualität der Lehre? Genügt nicht für eine gute Zukunft? Genügt nicht, weil zu wenig auswendig gelernt? Genügt nicht, weil nicht verstanden aber wichtig? Genügt nicht, genügt nicht!
Ich hatte viele „nicht genügend“ in Geografie und kam gerade einmal so mit „genügend“ durch das Jahr. Aber es war nicht meine Leistung in Geografie, die nicht genügte, es war nicht mein Wissen das nicht genügte oder mein Einsatz, es war der Lehrer, der nicht genügte, um mir genug Interesse und Notwendigkeit für sein Fach zu vermitteln. Was „genügend“ war um das Jahr zu bestehen, war eine mündliche Prüfung zu den Hauptstädten Europas. Ich kenne sie alle noch heute, das zwar praktisch ist, damit ich auch tatsächlich in Frankreich lande, wenn ich nach Paris möchte, aber das mir eigentlich nicht genügend nützt! ¯\_(ツ)_/¯
Schule braucht mehr ¯\_(ツ)_/¯ weil der bestehende Masterplan nicht genügt. Das Leben ist kein gelingender Masterplan, es ist kein „befolgen von Regeln und alles wird gut“, es ist kein Anhäufen von Wissen, wiederkäuen, ausspucken und „sehr gut“. Es ist Demokratie, Toleranz, eine stets neue Form von Zusammenarbeit, Innovation und ¯\_(ツ)_/¯
Und weil das Leben ¯\_(ツ)_/¯ und weil die Zukunft ¯\_(ツ)_/¯ braucht auch die Schule mehr ¯\_(ツ)_/¯!
aus dem Seminar „Allgemeine Pädagogik (Urteilskraft, Aufklärung, Gemeinsinn – Grundlagen ethischer & politischer Bildung)
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Antonia
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Über mich
Ich bin Antonia.
Seit, naja eigentlich schon immer, schreibe ich Texte sämtlicher Art.
Immer schon sind mir Geschichten eingefallen die ich dann, sobald ich schreiben konnte, sofort niedergeschrieben habe. Ich freue mich diese Geschichten, Texte, Experimente oder was auch immer mir gerade einfällt mit euch zu teilen!
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