Mein Handtuch liegt in der Wiese, und ich darauf. Unter mir spüre ich das weiche Gras und die Fasern des Handtuchs. Meine Füße stehen über und werden von einzelnen Grashalmen gekitzelt. Es riecht nach Sonnencreme, saftigem Gras und Blüten. Ich öffne meine Augen und schaue in die grünen Blätter des Kirschbaumes. Hellgrüne und dunkelgrüne Flecken tanzen auf dem türkisblauen Himmel. Die Sonnenstrahlen blitzen durch und kreieren ein glitzerndes Lichtspiel durch die Baumkrone. Auf meinem Körper tanzt das Schattenbild der Blätter.
Ich blinzle und drehe meinen Kopf. Neben mir steht unser altes Haus. Ich kenne jeden Raum hinter jedem Fenster, kann in Gedanken durch das ganze Haus wandern und sehe jedes Detail. Ich höre jede Stufe, die knackt, spüre jede Türklinke unter meinen Fingern. Ich kenne jede Aussicht jedes Fensters und spaziere bis ganz oben durchs Haus. Vor meinem inneren Auge sehe ich jeden Raum, weiß, wie sie sich über die Jahre gewandelt und verändert haben. Ich erinnere mich an viele Personen, die aus- und eingegangen sind. An die lauteren, lebendigen Zeiten im Haus und an die ruhigen Zeiten, in denen wir nur zu fünft in diesem großen Haus waren. Ich trete hinaus auf den obersten Balkon, blicke hinunter und sehe mein Handtuch im Gras, die Bücher darauf und meine Oma in ihrem Gartenstuhl dahinter. Auf der Terrasse, den Balkonen und rund um den Eingang stehen überall Blumen in ihrer vollen Blütenpracht. Der Wind lässt die Holzglocken im Glockenturm tanzen.
Ich blinzle erneut und drehe meinen Kopf so, dass ich hinter mich blicke. Da, im Gartenstuhl hinter mir, sitzt Oma. Sie hat die Augen geschlossen. “Augen ausrasten”, nennt sie es, aber ich weiß, dass sie in Wahrheit schläft. Ich lächle. Es ist so friedlich und ruhig. Die einzigen Geräusche, die ich höre, sind die Grillen, die Vögel, die Blätter, die durch den Wind rascheln. Hin und wieder hört man ein Auto in der Ferne vorbeifahren.
Später werde ich aufstehen und Oma und mir einen Eiskaffee aus dem Haus holen. Dann werden wir nebeneinander in den Gartenstühlen sitzen, das Eis löffeln und den Kaffee genießen. Hin und wieder werden wir uns einfach anlächeln oder feststellen, wie “fein wir es haben”, aber die meiste Zeit werden wir einfach schweigend nebeneinander sitzen. Nicht, weil wir uns nichts zu sagen hätten, sondern weil es uns genügt, einfach nur zusammen zu sein.
Ich blinzle wieder und blicke zurück ins Lichtspiel der Blätter. Hier ist mein Lieblingsplatz. Unter dem Kirschbaum, in der Wiese. Ein wenig schaue ich den tanzenden Blättern noch zu, bis ich wieder meine Augen öffne. Ich liege nicht mehr in der Wiese unter dem Kirschbaum, sondern sitze in meinem Schaukelstuhl. Unter mir spüre ich die weichen Polster. Ich schaue in die Ferne, sehe grüne Wiesen und Felder, Hügel und Bäume. Wenn ich meinen Kopf drehe, sehe ich unser Haus. Ich blicke in jedes Fenster und überlege, wie sich die Räume dahinter wohl über die Jahre noch verändern werden, wer wohl alles ein- und ausgehen wird und wie sich die Aussicht aus den Fenstern noch wandeln wird.
Ich drehe meinen Kopf erneut und blicke hinter mich auf die Terrasse. Die Tür öffnet sich und mein Verlobter tritt mit zwei Tassen Kaffee in den Garten. Ich lächle und sehe meine Zukunft auf mich zukommen. Er wird sich neben mich setzen, und wir werden schweigend den Kaffee trinken. Hin und wieder werden wir lächeln und feststellen, “wie fein wir es haben”.
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Antonia
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Über mich
Ich bin Antonia.
Seit, naja eigentlich schon immer, schreibe ich Texte sämtlicher Art.
Immer schon sind mir Geschichten eingefallen die ich dann, sobald ich schreiben konnte, sofort niedergeschrieben habe. Ich freue mich diese Geschichten, Texte, Experimente oder was auch immer mir gerade einfällt mit euch zu teilen!